
DNA-Fragmentierung
Vor allem wenn die Ursache unklar ist, stellt ein unerfüllter Kinderwunsch oft eine große emotionale Belastung dar. Während die Untersuchung der Frau meist ausführlich erfolgt, beschränkt sich die Fruchtbarkeitsanalyse beim Mann häufig auf ein Spermiogramm. Das reicht jedoch oft nicht aus, um die Zeugungsfähigkeit sicher einzuschätzen.
Ein bekannter, aber selten durchgeführter Test prüft die DNA-Fragmentierung der Spermien. Selbst wenn Spermien normal aussehen, kann ihr Erbgut beschädigt sein – was sich negativ auf Befruchtung, Embryoentwicklung und Schwangerschaft auswirken kann.
Was bedeutet DNA-Fragmentierung?
Die DNA der Spermien enthält den genetischen Bauplan des Mannes. Eine Schädigung dieser DNA nennt man Fragmentierung. Das bedeutet, dass die Samenzellen Brüche oder strukturelle Defekte im Erbgut aufweisen. Solche Schäden entstehen meist durch oxidativen Stress – ein Ungleichgewicht zwischen schädlichen freien Radikalen und schützenden körpereigenen Mechanismen.
Spermien mit geschädigter DNA erscheinen unter dem Mikroskop oft ganz normal. Ein Mann kann also ein unauffälliges Spermiogramm haben, aber dennoch eingeschränkt fruchtbar sein. Besonders wenn trotz guter Befunde keine Schwangerschaft eintritt oder wiederholte Fehlgeburten vorkommen, lohnt sich ein genauer Blick auf die DNA-Qualität.
Warum ist die DNA-Integrität so wichtig für die Fruchtbarkeit?
Die DNA im Spermium ist entscheidend für die Entwicklung des Embryos. Selbst wenn ein Spermium mit geschädigter DNA eine Eizelle befruchtet, erhöht sich das Risiko für eine gestörte Embryonalentwicklung. Auch Probleme bei der Einnistung oder frühe Fehlgeburten treten häufiger auf. Studien zeigen: Die DNA-Qualität des Spermiums spielt eine größere Rolle als lange angenommen. Besonders bei älteren Männern oder wiederholten IVF-Fehlversuchen wird das deutlich
Ein Fruchtbarkeitstest mit DNA-Analyse ist in folgenden Fällen sinnvoll:
- Unerfüllter Kinderwunsch trotz unauffälligem Spermiogramm
- Wiederholte Fehlgeburten
- Schlechte Ergebnisse bei IVF oder ICSI
- Männliches Alter über 40 Jahre
- Erhöhte Umweltbelastung oder oxidativer Stress
- Verdacht auf unerklärte Unfruchtbarkeit
Das Thema wird besonders relevant, wenn die Frau über 35 Jahre alt ist. Jüngere Eizellen können gewisse DNA-Schäden des Spermiums noch reparieren – mit zunehmendem Alter der Frau nimmt diese Fähigkeit jedoch ab. Die DNA-Qualität des Mannes ist daher ein unterschätzter, aber entscheidender Faktor, insbesondere bei Paaren über 35.
Wie funktioniert ein DNA-Fragmentierungstest?
Für die Untersuchung der DNA-Integrität stehen verschiedene labordiagnostische Verfahren zur Verfügung. Diese Methoden erfassen, wie stark das Erbgut der Samenzellen fragmentiert ist – also ob Brüche in der DNA-Struktur vorliegen, die die Embryonalentwicklung negativ beeinflussen könnten.
Die gängigsten Verfahren sind:
1. SCSA (Sperm Chromatin Structure Assay)
Methode:
Die Anfälligkeit der DNA für saure Denaturierung wird mittels Durchflusszytometrie gemessen. Fluoreszierende Farbstoffe zeigen den Grad der Fragmentierung an.
Vorteile:
Automatisiert und quantitativ
Liefert den DNA Fragmentation Index (DFI)
Hohe Standardisierung und Reproduzierbarkeit
Besonders geeignet für größere Labore
Interpretation:
Ein DFI-Wert über 25–30 % gilt als kritisch. Werte unter 15 % sprechen für eine gute DNA-Qualität.
2. TUNEL-Assay (Terminal deoxynucleotidyl transferase dUTP Nick-End Labeling)
Methode:
DNA-Brüche werden direkt durch Einfügen fluoreszierender Nukleotide an den Enden beschädigter Stränge markiert. Die Auswertung erfolgt per Fluoreszenzmikroskop oder Zytometrie.
Vorteile:
Direkter Nachweis von DNA-Brüchen
Hohe Aussagekraft und Sensitivität
Gilt als Goldstandard in der Forschung
Nachteile:
Technisch aufwendig
Weniger standardisiert als SCSA
3. Comet-Assay (Einzelzell-Gelelektrophorese)
Methode:
Spermien werden in einem Gel elektrisch aufgetrennt. Fragmentierte DNA bildet dabei einen „Kometenschweif“, sichtbar unter dem Fluoreszenzmikroskop.
Vorteile:
Sehr empfindlich
Einzelzell-Analyse möglich
Visualisierung des DNA-Schadens
Nachteile:
Aufwendig in Durchführung und Auswertung
Weniger geeignet für Routinediagnostik
4. SCD-Test (Sperm Chromatin Dispersion)
Methode:
Nach Denaturierung zeigen Spermien mit intakter DNA typische „Halos“, während fragmentierte DNA kompakt bleibt.
Vorteile:
Günstig und einfach
Gut geeignet als Screening-Verfahren
Nachteile:
Geringere Präzision
Subjektive Auswertung
Was tun bei hoher DNA-Fragmentierung?
Die gute Nachricht: Eine erhöhte DNA-Fragmentierung lässt sich oft positiv beeinflussen. Studien zeigen, dass Antioxidantien, gesunde Ernährung, Rauchverzicht und Stressreduktion das Gleichgewicht im Körper wiederherstellen und die DNA-Stabilität verbessern können. Auch medizinische Eingriffe – z. B. bei Varikozelen – sind je nach Befund sinnvoll.
Maßnahmen zur Verbesserung:
Antioxidative Therapie:
→ Nahrungsergänzung mit Vitamin C, E, Coenzym Q10, Selen, Zink, Omega-3-Fettsäuren usw.
Lebensstiländerung:
→ Rauchstopp, mediterrane Ernährung, Stressabbau, ausreichender Schlaf
Behandlung von Grunderkrankungen:
→ Infektionen, hormonelle Störungen, Varikozelen
Reproduktionsmedizinische Verfahren
→ Auswahl genetisch intakter Spermien durch IMSI, PICSI
Kurze Ejakulationsintervalle
→ Verringerung oxidativer Schäden durch Lagerung
Verbesserte Spermienauswahl: Neue Möglichkeiten in der Reproduktionsmedizin
Statt wie üblich unter 400-facher, erfolgt die Auswahl der Spermien hier unter bis zu 6000-facher Vergrößerung. Dadurch lassen sich selbst feinste morphologische Auffälligkeiten erkennen – besonders im Spermienkopf. So können Spermien mit hoher DNA-Integrität gezielt ausgewählt werden.
IMSI (Intrazytoplasmatische morphologisch selektierte Spermieninjektion)
Statt wie üblich unter 400-facher, erfolgt die Auswahl der Spermien hier unter bis zu 6000-facher Vergrößerung. Dadurch lassen sich selbst feinste morphologische Auffälligkeiten erkennen – besonders im Spermienkopf. So können Spermien mit hoher DNA-Integrität gezielt ausgewählt werden.
PICSI (Physiologische ICSI)
Hierbei nutzt man die Fähigkeit reifer, gesunder Spermien, sich an Hyaluronsäure zu binden – ein natürlicher Bestandteil der Eizellenumgebung. Nur genetisch intakte Spermien schaffen dies zuverlässig. Die Auswahl verbessert die Embryoqualität und Schwangerschaftsrate.
MACS (Magnetic Activated Cell Sorting)
Bei MACS werden Spermien mit Anzeichen von Apoptose (Zellalterung) magnetisch markiert und aussortiert. Die verbleibenden Spermien zeigen in der Regel eine bessere DNA-Qualität.
Diese Verfahren ersetzen keine Lebensstilveränderung oder medizinische Behandlung, können aber die Erfolgschancen einer künstlichen Befruchtung deutlich verbessern – insbesondere bei fortgeschrittenem Alter oder mehrfachen erfolglosen Versuchen.
Wenn ein Kinderwunsch unerfüllt bleibt, lohnt sich ein genauer Blick – nicht nur auf die Anzahl, sondern auf die Qualität der Samenzellen. Die Analyse der DNA-Fragmentierung bietet wichtige zusätzliche Informationen, die ein herkömmliches Spermiogramm nicht liefert. Sie eröffnet neue diagnostische Möglichkeiten und individuell angepasste Therapieansätze – besonders in komplexen oder bisher unerklärten Fällen.
Wir beraten Sie diskret, individuell und wissenschaftlich fundiert – und begleiten Sie auf Ihrem Weg zum Wunschkind.